Bau eines Tandemboards

  • Hallo zusammen,

    hier möchte ich mit Euch den Umbau eines Nidecker SL 162 (Danke nochmal an Werner) zu einem Tandemboards für die Mitnahme eines Kindes bis 30kg diskutieren und auch die einzelnen Bauschritte aufzeigen. Es ist zum Teil etwas theoretisch, hat mir aber beim Denken geholfen.

    Ein "normales" Tandemboard ist so gebaut, dass sich der Schwerpunkt immer noch (mehr oder weniger) in der Mitte des Boards befindet.

    Ich habe da ein Bild zur Verfügung gestellt bekommen:

    Da sich bei der ganzen Sache durch die beiden unterschiedlich schweren Personen der Schwerpunkt verändert, muss dies bei der Positionierung der Bindungen berücksichtigt werden.
    Und da ich ja sowieso bohren muss, warum nicht gleich folgendes ausgleichen damit sich das Board leichter fahren lässt?

    Ziel ist es, dass sich der neue Drehpunkt über dem bisherigen Drehpunkt eines Alleinefahrers befindet.

    Die Formel für das Ding lautet: FL x lL = FK x lK

    FL wird mit meinem Gewicht mit 70kg und FK mit einem Gewicht von 30kg angenommen. (Von mir aus auch mit gerundeten 700N und 300N, die Einheiten kürzen sich eh' raus).

    Meine Füße = grüne Punkte. Mein Schwerpunkt = grüner Kreis. Drehpunkt = roter Punkt.


    Da die Füße vom Kind links und rechts von meinem hinter Fuß positioniert sein werden nehme ich an, dass der Schwerpunkt vom Kind (blauer Kreis) genau über meinem hinteren Fuß sein wird.

    Die beiden grünen Punkte sind 49cm auseinander.

    Der Abstand beider Schwerpunkte (grüner und blauer Kreis) sind also 24,5cm: Für die Berechnung merken: lL + lK = 24,5cm

    Der Abstand der Füße vom Kind (blaue Punkte) hat keinen Einfluss auf die Berechnung, solange beide gleich weit von meinem hinteren Fuß entfernt sind.


    Jetzt muss man "nur" noch ermitteln, wie weit der gemeinsame Drehpunkt nach vorne wandern muss, damit er sich zentral über dem Drehpunkt eines Alleinefahrers befindet (roter Punkt).

    Hierzu berechne ich einfach, wo sich der gemeinsame Drehpunkt befindet wenn ich zentral auf dem Board stehen bleiben würde.

    Nochmal die Grundformel: FL x lL = FK x lK .

    Da nur die Gesamtlänge bekannt ist, habe ich lL einfach mal mit 10cm angenommen. Dieses Ergebnis wird dann später einfach mit einem Dreisatz auf die Wirklichkeit angepasst und dann die Probe gerechnet.

    Die einzige Unbekannte ist nun lK , auf die ich nun die Formel umstelle (G = lL + lK) :
    lK = FL x lL / FK = 70 x 10 cm / 30 = 23,33 cm

    Dadurch gibt sich eine Gesamtlänge von 33,33 cm. Mittels 3-Satz auf eine Gesamtlänge von 24,5cm umgerechnet ergibt sich:

    lK = 17,14 cm

    lL = 7,36 cm

    lK = 70 x 24,5 / (70 + 30) cm = 34,3cm

    Probe:

    70 x 7,36 = 515,2

    30 x 17,14 = 514,2

    Soll an Genauigkeit reichen.

    Somit ergibt sich, dass ich mit meinen beiden Füßen um je 7,36cm aus der zentralen Position nach vorne rutschen muss.


    Inserts einfügen:

    1. Von oben das Zentrum des Bohrloches ankörnen
    2. mit einem 1,5mm Bohrer von oben komplett durchbohren
    3. von unten mit einem Holzbohrer vom Durchmesser des Insertfußes den Belag wegbohren
    4. von oben mit einem Bohrer den Durchmesser der Inserthülse komplett durchbohren
    5. Insert mit Uhu Endfest 300 verkleben. Etwas weniger Härter nehmen damit die Verklebung flexibler bleibt
    6. Insertboden entweder mit Wachs oder Belagreparaturmaterial bedecken.

    Soviel zur Theorie.

    Was meint Ihr hierzu?

  • So, erste Stellprobe.

    Plan ist hierbei, die vordersten Originalinserts zu nutzen, so dass ich für mich nur je 2 Inserts setzen muss.

    Meinem Kleinen ist der Fußabstand wie hier abgebildet etwas zu breit. Ich werde also erst meine Bindung montieren, dann mit den dann hoffentlich vorhandenen Hardboots für Ihn seine Bindung so weit zusammen rutschen, dass zwischen unseren Stiefeln so 3-5cm Platz sind...

    Und ja, ich bin ne Schlampe.

  • Hab keine Zweifel. Was ich mich nur frag ist: wie siehst du das sicherheitstechnisch? Immerhin is es fast zwingend so dass ma Stürze bauen wird, und ich hätt schon Bauchweh da einen kleinen Zwuck unter mir zu haben..

    Gegenden nördlich des Alpenhauptkammes sind aus klimatischen Gründen unbewohnbar.
    (H.Rosendorfer)

  • Bei lockerem Runterschwingen sehe ich da kein Problem.

    Bin ja vor 25 Jahren schon mal mit einem Tandemboard gefahren, da war das auch recht easy. Und mit nem leichten Mitfahrer wirds noch besser sein.

    Die Kids sollen ja ein Gefühl für's Boarden bekommen (Gleichgewicht, Rotation) und am Anfang steht ja eh immer ein "Hinfalltraining".

    Also "Piste lesen", entsprechende Driftschwünge und wenn's dann geht auch mal nen geschnittenen Schwung einbauen. Zu zweit ist man sowieso eher wie auf einem Ozeandampfer unterwegs, das geht eher gemächlich.

    So wie hier bei der Mitnahme eines Menschen mit Seheinschränkung (sagt man doch so heute, oder?):

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  • Wenn ich dich richtig versteh steht das Kind vor Dir bzw. vor deinem hinteren Fuß. Wie beugst du das hintere Knie?


    edit: ok ich glaub da hab ich einen Denkfehler. Du willst das Kind HINTER dich bzw hinter deinen hinteren Fuß stellen. Ok.

    Gegenden nördlich des Alpenhauptkammes sind aus klimatischen Gründen unbewohnbar.
    (H.Rosendorfer)

    Einmal editiert, zuletzt von frunobulax (22. November 2018 um 09:02)

  • Mich wird dann viel mehr interessieren, ob das in der Anwendung was bringt, im Vergleich zum herkömmlichen Kind-auf-Brett-Elternteil-zu-Fuß-als-Stütze. Radfahren wird ja auch eher selten auf dem Tandem erlernt ...

  • Es ist vollbracht.

    Es folgt eine kleine Fotostrecke - vielleicht wird's ja eine FB-Lovestory...

    Bitte nicht über die Ausführung lästern, ich bin kein Profihandwerker und habe hier das erste Mal mit Epoxidharz gearbeitet.

    Bohrungen angezeichnet, angekörnt und mit einem 1,5mm Bohrer angebohrt.

    Danach mit einem 3mm Bohrer durchgebohrt, Brett umgedreht und belagsseitig mit einem 20mm Forstnerbohrer so weit durch den Belag gebohrt, dass das Insert und das neue Belagsstück Platz findet:

    Dann Brett wieder umgedreht und von der Oberseite her mit einem 11mm Bohrer durchgebohrt.

    Wieder umgedreht, Inserts probeweise eingesetzt (, evtl nachgebohrt) und mit Uhu Plus Schnellfest die Inserts eingeklebt. Mit einem Heissluftfön schön das Harz flüssig gemacht.

    Rechtes Bild zeigt die Inserts von oben.

    Die Hohlräume bei den Inserts habe ich dann von oben her mit dem Epoxid-Harz verfüllt und wieder schön heiss gefönt, damit das Harz schön reinläuft. Dabei sind schön die Luftblasen nach oben gestiegen. Die Schutzabdeckungen des Gewindes habe ich anfangs mit einer Schraube hochgehebelt.

    Allerdings ist dabei etwas Harz vom Insert abgegangen, so dass ich das Gewindeloch mit etwas Toilettenpapier verschlossen habe und nochmal nachgegossen habe.

    Danach habe ich die Abdeckungen mit einem kleinen Schraubendreher schon vor dem auffüllen abgehebelt und mit Toilettenpapier verschlossen. Das schaute dann schon besser aus. Die Kratzer sind vom Anschleifen, damit das Harz besser hält.

    Einmal editiert, zuletzt von CrazyBanana (3. Februar 2019 um 21:05)

  • Glücklicherweise hatte ein Schleifstein von meinem Aldi-Tremel-Clon so eine Größe, dass ich ihn zum Anzeichnen der Belagseinsätze benutzen konnte. Die Einsätze habe ich mit einer Schere ausgeschnitten. Manchmal musste aber das Loch vor dem Einsetzen nochmal nachgeschliffen werden, da sich viel Harz in den Rändern befand:

    Vor dem Einsetzen habe ich noch ein 2mm Loch in die Mitte der Einsätze gebohrt, damit auch dort Luft entweichen kann. Loch mit Harz vollgeschmiert und das Belagsstück mit einer Wachsklinge eingedrückt. Als das Harz noch nicht ganz fest war, habe ich überflüssiges Harz mit einem Stemmeisen entfernt.

    Ich habe dann den Belag schleifen und wachsen lassen:

    Und so sieht's fertig montiert aus:

    Bin schon auf die erste Fahrt neugierig...

  • Was würde ich beim nächsten Mal anders machen?

    • Statt Uhu Plus Schnellfest würde ich ein langsam aushärtenderes Gemisch nehmen, somit kann mal die Pampe länger fönen und schön flüssig halten damit auch alles an Luft rauskommt.
    • Ich würde zuerst die Löcher für die Inserts bohren und erst dann entsprechend die Inserts kaufen. Diesmal war's andersrum und ich habe mich ein paarmal "leicht" verschätzt...

    bohren - messen - inserts mit schnellfest einkleben - belagstück mit fostnerbohrer ausbohren (schablone) - belagstück mit schnellfest einkleben (apfelentk.) - umdrehen - mit flüssigem gießharz ausgießen

    Einmal editiert, zuletzt von CrazyBanana (25. Februar 2019 um 05:01)

  • So, die ersten 3 Stunden sind mit dem Tandemboard auf Schnee absolviert.

    Erstes Gefühl: Hochseetanker. Vorsichtig riesige Radien gedriftet, die dann langsam kleiner wurden.

    Die Schwünge habe dann ich mit Hochentlastung eingeleitet.

    Zwischendurch (ca. 6. Abfahrt) hat uns ein freundlicher 2-Teiler gefilmt, hoffentlich schickt er mir das Video auch.

    Lange geschnittene Schwünge gingen auf der Backside ganz gut, Frontside ist noch ausbaufähig.

    Zum Schluss sind wir aber die Falllinie recht gut runtergecarved...

    Fazit: hat uns beiden Spaß gemacht, dem Sprößling war's zu langsam und er ist nur 1x wegen einer Unachtsamkeit mit den BigFoot aus dem Lift gefallen. (Liftfahren hatten wir gestern mit einer Holzstange und einem Verzurrgurt simuliert, Gurt mittig um die Holzstange, Holzstange hinter den Hintern, Gurt zwischen den Beinen nach vorne durch und ich vorne am Gurt gezogen...).

    Ach ja, und hingefallen sind wir nicht. Losfahren war immer ein bisschen Dampfermäßig.

    Verbesserung: Kinderbindung ein bisschen nach vorne, meine minimal nach hinten verschieben.

    Video folgt hoffentlich noch.

  • Beim Katschi-Grillen hatte ich ja das Tandemboard dabei und rege Diskussionen mit den Cracks.

    Hierbei wurde vorgeschlagen, dass mein Sohnemann doch evtl. vorne stehen sollte, damit er auch sieht wo's hingeht und ich ihn auch in den Turn reindrehen kann. Die "Stellprobe" vor Ort war mit der "Kuschel-Rotation" auch stimmig.

    Diese grobe Stellprobe habe ich heute früh auch mit meinem Sohn (1,40 groß) wiederholt. Allerdings ist mir hierbei aufgefallen, dass ich aufgrund seines geringeren Stands mit meinem vorderen Knie, dass ja dann zwischen seinen Beinen von hinten kommt, selber nicht gut in die Knie gehen kann.

    Fazit: Binden vom Board runter, neue Positionen anzeichnen und dann nochmal die Stellprobe wiederholen. Wenn's dann immernoch nicht mit dem in die Knie gehen funktioniert, dann macht's wohl nicht so viel Sinn, oder?

    Übrigens: auf meine Frage ob er denn beim Fahren gerne mehr sehen möchte meinte er nur dass dies ihm nicht wichtig sei. Ihm ist nämlich wichtiger, dass ich nicht so "langsam" fahren soll =O=O=O

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